Sonntag, 15. Juli 2012

Seitengänge Teil I

Warum sollte man bereits früh in der Ausbildung des Pferdes korrekte Seitengänge erarbeiten?
Wie bereits angesprochen, hat jedes Pferd eine bevorzugte und eine weniger bevorzugte Seite.
Ganz ehrlich ich würde nie auf die Idee kommen auf einmal mit links zu schreiben, aber
die Auswirkungen sind auch nicht so fatal wie beim Pferd.

Von natur aus belastet das Pferd mehr die Vorhand als die Hinterhand. Dazu kommt, dass die gegenüber liegende Schulter der nicht hohlen Seite deutlich mehr belastet wird als die Andere.
Dann addieren wir noch das Reitergewicht hinzu und bekommen eine Vorstellung der einseitigen Belastung. Das geht ein paar Jahre gut, aber irgendwann können Probleme mit der Hufrolle oder andere Verschleißerscheinungen entstehen.





Seitengänge versammeln das Pferd. Die Hinterhand des Pferdes muss vermehrt seitwärts unter den Schwerpunkt treten. Hinzu kommt, dass durch Stellung und Biegung das Pferd seitlich gedehnt wird.

Das Schenkelweichen ist eine Vorbereitung auf die Seitengänge, zählt jedoch nicht zu den Seitengängen. Beim Schenkelweichen soll das Pferd auf den Befehl des Schenkels zur Seite weichen. Wie beim Schulterherein ist Kopf und Hals gegen die Bewegungsrichtung gestellt.

Hat das Pferd verstanden auf den Schenkel zu reagieren kommt als nächstes das Schulterherein.
Beim Schulterhein wird die Vorhand des Pferdes ins Bahninnere geführt. Ein Schulterein auf drei Hufschlägen (später kann auch auf vier Hufschlägen gegangen werden) zeichnet sich darin aus, dass der innere Hinterfuß zum äußeren Vorderfuß tritt und man nur noch drei Beine erkennt. (Siehe Foto) Dadurch bekommen wir eine Dehnung auf der zur Bande gewandten Seite und erhalten eine Verbesserung der Tragkraft in der Hinterhand.




Ladys Probleme ist auf der rechten Seite. Durch das Schulterherein auf der linken Hand dehne ich wunderbar die diese Seite. Auf der anderen Hand üben wir das Schulterherein mit weniger Abstellung nach innen, um ihre hohle Seite nicht noch zu unterstützen.

Klappt diese Lektion rechts wie links gut, kommen die weiteren Seitengänge hinzu. …

Sonntag, 8. Juli 2012

Die Händigkeit beim Pferd

Ein gute und ein schlechte Hand hat fast jedes Pferd. Sie sind wie wir Rechts- oder Linkshänder. Aufgabe des Ausbilders ist es, diese zu erkennen und die schwierige Seite zu stärken.

Eigentlich gehöre ich zu den Frauen die das Rechts gern mit dem Links verwechseln. Deshalb fällt es mir, gerade in den Seitengängen etwas schwer. Der Vorteil bei Lady - sie hat ein rechtes schwarzes Hinterbein, ein linkes weißes Hinterbein und ein schwarzes linkes Vorderbein, sowie ein weißes rechtes Vorderbein. : -}

Wie erkenne ich, welches die schlechte Hand meines Pferdes ist? Der Reiter hat rechte Hand auf Lady ein sehr gutes Gefühl. Stellung scheint wunderbar, auch die Anlehnung an den äußeren Zügel ist gut. Hört sich alles scheinbar gut an, aber das ist ein Trugschluss. Die sogenannte hohle Seite des Pferdes ist die ungedehnte schwache Seite.

Lässt man Lady frei laufen, geht sie immer auf der linken Hand (mit ihrer rechten Seite an der Bande entlang). Auf der Hand drängt sie immer nach außen beim Reiten wie auch beim Longieren.

Das Resultat einer ungleichen Belastung ist eine unterschiedliche Bemuskelung.
Gut zu erkennen auf dem Foto.


Dazu kommt, dass das rechte Hinterbein mehr Schubkraft als Tragkraft entwickelt. Die folgende Aufnahme zeigt, dass das schwarze Bein nicht im Ansatz unter den Schwerpunkt tritt.
Das nächste Bild zeigt deutlich was passiert, wenn eine rechts hohles Pferd auf der linken Hand einen Zirkel beschreitet.



Ein sehr gutes Buch, welches diese Problematik aufgreift ist “Arbeiten an der Hand - Klassische Lektionen” daraus möchte ich zitieren “ … befindet sich unser rechts hohles Pferd auf einem Zirkel linke Hand. Natürlich stellt es sich nach außen, den seine rechte Seite ist so fest, dass es sich nicht rechts dehnen, d.h. nach links biegen kann. Schauen Sie sich jedoch das rechte Hinterbein einmal genauer an: Wenn Sie das rechts steife Pferd nach links biegen wollen, wird sein rechtes Hinterbein noch weiter nach außen schwingen, da die verkürzte Muskulatur auf der rechten, hohlen Seite ihm nicht erlauben, weit vorzugreifen. Deswegen wandert das rechte, steife Hinterbein nach außen aus dem Zirkel heraus.”

Wir müssen das schwache Hinterbein ansprechen, damit das Pferd sich bemüht es weiter unter den Schwerpunkt zu bringen.


Fazit: Ladys rechts Körperhälfte muss gedehnt und ihr rechtes Hinterbein muss gestärkt werden.
Im nächsten Eintrag geht es um Seitengänge und ihren gymnastischen Wert in der Dressurarbeit.

Sonntag, 1. Juli 2012

Die Worte von Gustav Steinbrecht


Zur Zeit lese (studiere) ich das Buch “Das Gymnasium des Pferdes”, welches die Aufzeichnung von Gustav Steinbrecht zitiert und zusammenfasst. Absatz für Absatz wird mehrfach von mir gelesen, um den Sinn hinter der Aussage zu verstehen.

Warum das Werk nicht so einfach zu lesen ist, möchte ich an einen Absatz verdeutlichen. Es geht um einen der bekanntesten Sätze in der Pferdeausbildung, der leider vielfach falsch interpretiert wurde.

… Als erste Hauptgrundsätze der Kunst rufe ich einem jeden Reiter zu: “Reite Dein Pferd vorwärts und richte es gerade.” Unter diesem Vorwärtsreiten verstehe ich nicht ein Vorwärtstreiben des Pferdes in möglichst eiligen und gestreckten Gangarten, sondern vielmehr die Sorge des Reiters, bei allen Übungen die Schiebkraft der Hinterfüße in Tätigkeit zu erhalten, dergestalt, dass die Rückwärtsbewegungen der Vorwärts, das heißt, das Bestreben der Last vorwärts zu bewegen, in Wirksamkeit bleibt. Man befähigt daher durch Übung des Pferdes, seine Schiebkraft durch Belastung bis zum Äußersten zu schränken, man unterdrückt sie aber niemals durch Überlastung. …
Ausschnitt aus dem Buch “Das Gymnasium des Pferdes”

Kurd Albrecht von Ziegner zitiert: “Gustav Steinbrecht ist für mich der Vater der Deutschen Reitlehre.”

Wer sich wirklich für die Kunst des Reitens interessiert, sollte dieses Buch mindestens einmal gelesen haben.